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Clostridium botulinum

Sehr ernste Lebensmittelvergiftungen können durch Clostridium botulinum verursacht werden. Botulismus–Erkrankungen durch Clostridium  botulinum kommen sehr selten vor, sie gehen jedoch mit einer hohen Sterblichkeitsrate (10 bis 50 Prozent) einher. Das durch Clostridium  botulinum produzierte hitzelabile Botulinum-Neurotoxin (BoNT) ist extrem toxisch und die giftigste bisher bekannte natürliche Substanz. Tödlich sind bereits 0,1 μg (= 100 ng), das bedeutet, dass 1 g Botulinum-Toxin für 10 Millionen Menschen tödlich wäre.

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Sporen von Clostridien sind in der Umwelt weit verbreitet, so auch die Sporen von Clostridium botulinum.  Diese Sporen können auf Lebensmittel gelangen und unter sauerstofffreien Bedingungen auskeimen. Dann ist es den Bakterien unter geeigneten Umständen möglich, im Lebensmittel die sehr gefährlichen Botulinumtoxine zu bilden.

Die Sporen sind hitzeresistent und können Temperaturen von 112°C überstehen. Insbesondere können säurearme Konserven, mit selbst eingekochtem Fleisch, Fisch oder Gemüse betroffen sein. Aber auch vakuumverpackter Knochenschinken und Räucherfisch können mit Clostridium botulinum befallen sein.

Zur Einschätzung des Risikos einer vermeintlichen Toxinbildung im Lebensmittel durch Clostridium botulinum sind molekularbiologische Verfahren, die die die Toxingene (bont-A, B, E, F) nachweisen sehr hilfreich. Sind diese nicht nachzuweisen, befinden sich in der untersuchten Probe keine Clostridium botulinum Stämme, die zur Produktion der Toxine A, B, E und F befähigt sind.
Tim Kautz,
Leiter Lebensmittelanalytik

Diese Untersuchungsmöglichkeit besteht in den LADR Biofocus Laboren und wird routinemäßig durchgeführt.

Botulismus Symptome

Die orale Aufnahme der Gifte kann zur gefährlichen Erkrankung Botulismus und zum Tode führen. Atemnot, Sehstörungen, trockener Mund, Schluckbeschwerden, Störung der Motorik, Durchfall, Atemlähmungen und Herzstillstand können die Symptome sein. Die Sterblichkeitsrate liegt bei 10 bis 50 Prozent. Die Todesrate ist am höchsten für Toxintyp A, gefolgt von Typ E und Typ B. In den USA und England ist Toxintyp A häufig, in Europa Typ B.

Die Aufnahme der Bakterien oder deren Sporen stellen prinzipiell keine Gefahr für immunkompetente Erwachsene dar, sie werden durch die Magenpassage inaktiviert.

Säuglingsbotulismus

Dies gilt nicht für Säuglinge, dort können die Sporen von Clostridium botulinum im Darm auskeimen, sich vermehren und in vivo Botulinumtoxine bilden und den Säuglingsbotulismus verursachen. Bei solchen Fällen geschieht die Sporenaufnahme nicht selten über Honig, deswegen sollten Säuglinge unter einem Jahr keinen Honig zu sich nehmen

Routinemäßig werden mit akkreditiertem Verfahren auch Honige auf Sporen von Clostridium botulinum im LADR Biofocus Labor untersucht.

Clostridium botulinum Stämme – Einteilung nach Toxintypen

Toxintyp Hauptsächlich betroffene Spezies Häufigstes Übertragungsvehikel
A Mensch (auch Wund und Säuglingsbotulismus), Hühner Selbst hergestellte Konserven mit Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch
B Mensch (auch Wund und Säuglingsbotulismus), Pferde, Rinder Verarbeitete Gerichte (insbesondere Schweineprodukte)
Wasservögel Verrottende Vegetation alkalischer Sümpfe, Wirbellose
Rinder, Pferde Toxische Nahrung, Aas, Schweineleber
D Rinder, Pferde Aas
E Mensch, Fische, Wasservögel Fisch- und andere Meeresprodukte
F Mensch (auch Säuglingsbotulismus) Fleischprodukte
G Unbekannt Boden

Quelle:Collins MD, East AK: Phylogeny and taxonomy of the food-borne pathogen Clostridium botulinum and its neurotoxins. In: J Appl Microbiol. 84, Nr. 1, 1998, S. 5–17,

Die Erkrankung Botulismus ist gemäß IfSG meldepflichtig. Botulismus durch industriell hergestellte Konserven tritt praktisch nicht mehr auf. Sind Lebensmittel mit Keimen, Sporen oder Toxinen von Clostridium botulinum belastet, ist dies meist nicht zu erkennen oder wahrzunehmen

Riskolebensmittel

Selbst eingewecktes Gemüse, Obst, Fleisch oder selbst marinierter oder gedörter Fisch und in Öl eingelegte Lebensmittel (Knoblauch, Chili usw.) sollten grundsätzlich zwei Mal erhitzt werden. Mit der zweiten Erhitzung werden eventuell ausgekeimte Sporen und gegebenenfalls gebildete Toxine  (die Toxine von Clostridium botulinum sind hitzelabil) inaktiviert. Säuglinge unter einem Jahr sollten keinen Honig bekommen.

Clostridium botulinum Stämme - Einteilung nach phenotyposchen Unterschieden

Gruppe I II III IV
Toxintyp A, B, F B, E, F C, D G
Proteolyse Ja Nein Nein Ja
Lipase Ja Ja Ja Nein
Fermentation Glucose,
teilweise Fructose
teilweise Maltose
Glucose, Fructose, Mannose,
Maltose, Saccarose,
Trehalose
Glucose,
teilweise Fructose,
Mannose, teilweise Maltose
 
Säurebildung Essigsäure, iso-Buttersäure,
Buttersäure,
iso-Valeriansäure
Essigsäure, Buttersäure Essigsäure, Propionsäure,
Buttersäure
Essigsäure,
iso-Buttersäure,
Buttersäure,
iso-valeriansäure,
Phenylessigsäure
Wachstumsoptimum 35°C - 40°C 18°C - 25°C 40°C 37°C
Hitzeresistenz der Sporen 112°C 80°C 104° 104°C
Andere Toxin produzierende 
Clostridium-Spezies
  C. butyricum Typ E
C. baratii Typ F
Insbesondere Verursacher von
Botulismus bei Tieren
C. argentinense Typ G

Quelle: MD Collins, AK East: Phylogeny and taxonomy of the food-borne pathogen Clostridium botulinum and its neurotoxins. In: J Appl Microbiol. Band 84, Nr. 1, 1998, S. 5–17,

Übermittelte Botukismus-Erkrankungen nach Meldejahr, Deutschland, 2001 bis 2020

Fallbeispiel

Botulismus verursacht durch marinierten Fisch

Im Sommer 2009 erkrankte im Landkreis Stendal eine 49- jährige Frau an Botulismus. Ihre 23.jährige Tochter verstarb an dieser Krankheit. Bozulismus kommt zwar selten vor, sollte aber bei entsprechenden Symptomen immer differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden.

Quelle: RKI, Epidemiologisches Bulletin, 25. Oktober 2010 / Nr. 42 25. Oktober 2010 / Nr. 42

Die betroffene Familie (die Mutter mit ihrer Tochter und ihrem Lebenspartner) aß am 31. Juli 2009 gemeinsam zu Abend. Die beiden Frauen verzehrten selbsteingelegten Hering mit Brot, ein Stück Geflügelbrust und zusätzlich Wurstbrot, der Lebenspartner verzehrte ausschließlich Geflügel. Am nächsten Morgen klagte die Mutter über Unwohlsein, Doppelsehen, Würgereiz und Atemnot.

Sie wurde in einem Krankenhaus stationär aufgenommen und musste kurze Zeit später wegen akuter Atemwegsverlegung reanimiert werden. Anschließend wurde sie auf eine Intensivstation verlegt und in ein künstliches Koma versetzt. Die 23-jährige, geistig behinderte Tochter der Patientin lebte in einem Wohnheim für behinderte Menschen in einer anderen Stadt und wurde am 1.August 2009 dorthin zurückgebracht.

Sie klagte zu diesem Zeitpunkt über Schwindel, war sehr aufgeregt und stellte sich deshalb einem Arzt vor, der Medikamente zur Beruhigung verabreichte. Einen Tag später wurde die Tochter mit Erbrechen und Schluckbeschwerden in einem Krankenhaus ihres Wohnortes stationär aufgenommen. Der Zustand wurde nicht als bedrohlich eingeschätzt. Die Tochter verstarb jedoch unerwartet in der Nacht vom 3. zum 4. August 2009.

Daraufhin erhielt am 4. August 2009 das Krankenhaus, in dem die Mutter lag, die Nachricht, dass die Tochter der Patientin plötzlich verstorben sei und eine Botulinum-Intoxikation vermutet wird. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Mutter bereits seit vier Tagen in einem lebensbedrohlichen Zustand. Nach Mitteilung der Verdachtsdiagnose an das Krankenhaus wurde der Patientin sofort aus dem Notfalldepot Botulinum-Antitoxin verabreicht und konnte gerettet werden

Ursache

Nach dem von der Erkrankten verwendetem Rezept würde der Essigsäuregehalt der Marinade bei Verwendung von Haushaltsessig (5 % Essigsäure) bei 0,45 % liegen. In dieser Marinade verblieben die Heringe für 1,5 Tage und wurden danach für drei Tage in eine essigsäurefreie Lösung verbracht. Das Einlegen erfolgte vermutlich in einer ungekühlten Vorratskammer. Die Verhinderung der Vermehrung und Toxinbildung von C. botulinum ist unter diesen Bedingungen nicht gewährleistet

Ostsee-Heringe haben eine Positivrate bei Clostridium botulinum von 4 Prozent. Die Ostsee gilt weltweit als eine der höchsten kontaminierten Gegenden für C.-botulinum-Typ-E-Stämme. Eine mögliche Erklärung dafür ist der vergleichsweise geringe Salzgehalt.

Schnellübersicht Clostridium botulinum

Vorkommen Erdboden, Sedimente von Gewässern, Pflanzen, Verdauungstrakt von Mensch und Tieren
Betroffene Lebensmittel säurearme Konserven, besonders selbst eingekochte Fleisch-, Fisch- und Gemüsekonserven, vakuumverpackter Knochenschinken und
Räucherfisch, Honig
Gefährdete Personen alle Altersklassen, Säuglinge
Krankheitssymptome Atemnot, Sehstörungen, Störungen der Motorik, trockener Mund, Schluckbeschwerden, Durchfall, Atemlähmung, Herzstillstand
Minimal infektiöse Dosis orale Aufnahme Toxin A 0,1 – 1,0 μg
Inkubationszeit 4 h – 4 Tage
Krankheitsdauer lebensrettende Maßnahmen, Anti-Toxin-Präparate
Vermehrungstemperatur 3,3°C – 50°C
Minimaler pH-Wert 4,5 (3,7 Zitronensäure)
Sauerstoffanspruch obligat anaerob
Besonderheiten
  • Gefährlichste Lebensmittelvergiftung für den Menschen, oft tödlich
  • Botulismus durch industriell hergestellte Konserven tritt praktisch nicht mehr auf
  • Sporen sind bei 100°C hitzestabil, Toxine hingegen sind hitzelabil (Inaktivierung bei 80°C)
  • Clostridium butyricum und Clostridium baratii können ebenfalls Botulismus-Toxine bilden
  • Die Belastung von Lebensmitteln mit Keimen, Sporen oder Toxinen von Clostridium botulinum sind meist nicht zu erkennen oder wahrzunehmen, außer im Fall der Aufgasung und Bombage von Konserven

 

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